1990 fassten mein Freund Markus und
ich , den Entschluss mit dem Mopped nach Ruanda zu fahren um einen Bekannten
zu besuchen. Ein Jahr Planung und Vorbereitung liegen nun hinter uns und am
9.10 92 geht es los. Mittlerweile sind wir zu dritt, ein zweiter XT 500
Fahrer Namens Harald ist auch mit dabei. Nach einem Abstecher zu meinen
Großeltern in der Normandie geht es nun südwärts nach Spanien. In den
Pyrenäen schneit es, auf spanischer Seite regnet es den ganzen Tag, bis sich
einen Kilometer vor der Küste die Sonne blicken lässt. In Valencia sehe ich
aus einem Straßencafe einen Motorradfahrer bei unseren Maschinen anhalten.
Ich werd es nicht vergessen, dass mein erster Gedanke beim Anblick des „J“
auf dem Tank auf Yugoslawien fiel. Es war Takuro Anzei aus Yabata City in
Japan.
Drei Wochen sind wir zu viert
unterwegs, bis sich unsere Wege in Marokko trennten.
Hier übernachteten wir in einem
verlassenen Bauerhof in den Bergen so ca. 100 Km nördlich von Fes. Es
regnete und der Lehmboden rollte sich beim fahren um die Reifen wie
Backschnee beim Schneemannbauen. Die XT Kupplung von Markus brannte durch.
Ich schleppte ihn mit einem
Spanngurt bis nach Fes, wo wir eine Woche auf die neuen Lamellen warteten.
Genug Zeit das marokkanische Stadtleben kennen zu lernen. So penetrant die
Händler und Studentenführer in den Städten sind, so nett und herzlich ist
die einfache Landbevölkerung.
Mit neuer Kupplung und der
Erkenntnis, das man die Unterbrecherplatte bei der XT auch um 180 Grad
versetzt anbauen kann, geht es bei Oujda über die Grenze nach Algerien. Wir
fahren über Beni Abbes und Timmimun nach Ghardaiar und bringen Harro in
Algier auf die Fähre.
Mehr als sechs Wochen Urlaub waren
bei ihm leider nicht drin. Ich fahre mit Markus an der traumhaften
algerischen Küste nach Tunesien um bei der Wiedereinreise nach Algerien
nicht das marokkanische Geld zu deklarieren. Ich wusste bei der Einreise
nach Algerien nicht , dass der marokkanische Dirham keine frei
konvertierbare Währung ist und somit in Algerien wertlos für mich war, da
ich sie bei der Einreise deklariert hatte.
Aufregend sind auch Situationen an
den Grenzstationen wo man aufgefordert wird „ Donnez tout d àrgent dans la
table „ und zig dunkle Gestalten stehen um dich herum.
Mittlerweile werden die Gerüchte,
das alle Grenzen Richtung Süden geschlossen wurden immer konkreter. Die
Tuaregaufstände und Überfälle auf Autokonvois veranlassten die Regierungen
die passierbaren Grenzen in der Sahara zu schließen. Unsere Überlegung mit
Geld und einfach durch, verwarfen wir,als wir Leute trafen, die auch diese
Idee hatten und
von „Freiheitskämpfern“ bis aufs
Hemd ausgeraubt wurden. Durch den jetzt nur noch sehr geringen Verkehr
wurden nicht mal mehr Motorradfahrer verschont. Ich denke an die zahllosen
Impfungen gegen alles Mögliche ,den Schuhkarton voller Malariaprofilache
und die Visa etc. Aber auch mit Markus wird es zunehmend schwieriger, so
das ich den Plan nach Ruanda zu kommen um mit der Menschenaffen Bockspringen
zu spielen aufgebe.
Wir beschließen nach Djanet zu
fahren. Es ist immer wieder schön, wie hilfsbereit und nett die Leute auf
dem Land sind. Ich weiß noch, wie wir auf einer kleinen Piste am Arsch der
Welt bei einer Barracke anhalten, um uns zu orientieren und ein Mann zu uns
kommt, die Motorräder begutachtet und dann fragt :“Wolfsburg ?“ . Der gute
Mann war im sozialistischem Austausch in Magdeburg und kannte sich doch gut
aus, kochte die beste Birnenmarmelade, die ich je gegessen habe und sein
Trecker läuft bei Tag und Nacht, weil sein Anlasser kaputt ist.
Mittlerweile habe ich schon gemerkt,
dass meine gute R doch sehr viel schleppen muss und ich bin froh, dass ich
nun endlich den TKC 80 aufziehen kann, aber der Kenda wollte sich einfach
nicht abfahren lassen. Es war überhaupt erstaunlich, wie lange der
Hinterradreifen und auch der Kettensatz den ich trocken fuhr, gehalten
haben. Jetzt Ende November wird es doch langsam kühl, Nachts friere ich
sowieso, da mein Schlafsack viel zu dünn ist und auch meine zugenähte Decke
hilft nicht wirklich. Aber auch am Tag ist es trotz blauem Himmel, den du
hier jeden Tag hast, kühl und ich weiß jetzt , warum dich die Leute nach
deinen Handschuhen fragen und diese unbedingt kaufen wollen. Es ist kalt und
wenn du einen Ölkühler an deiner Karre hast, baust du ihn wieder ab.
Wir sind nun über El Oued nach
Hassi Bel Gebour gefahren und wollen die Gräberpiste nach Illizi nehmen.
Klaas ein Holländer will uns begleiten. Wir kommen gut voran, bis uns das
erste große Weichsandfeld vor dem Gara Konffussa in die Knie zwingt. Zu viel
Gepäck, ich glaube ich war der erste Moppedfahrer mit einem 6 Volt
Stereocassettenradiorekorder und 10 Kompaktcassetten im Koffer der durch die
Wüste wollte. Vollgetankt mit 42 Litern Sprit , 22 Litern Wasser und
Proviant für eine Woche mein Klappstuhl und dies und das ziehen die XL im
weichen Sand senkrecht nach unten. Keiner der schiebt, weil keiner so blöd
ist und an der gleichen Stelle anhält. Aus sicherer Entfernung schauen die
anderen beim Buddel-Exsess zu. Karre auf die Seite legen, Loch zubuddeln,
ankicken, schiebend ca. zwei Meter weiter kommen, danach wieder wie gehabt.
Das solange bis der Boden wieder fester wird. Da diese Piste nur noch von
Touristen befahren wird und bei einem Defekt nicht mit vorbeikommenden LKW
zu rechnen ist, beschließen wir umzudrehen und über Ohanet und In Amenas
nach Illisi zu fahren. In In Amenas gibt es ein traumhaftes Kaffeehaus, das
wohl noch von den Franzosen sein muss, eine Espressomaschinenwand, die
bestimmt zwei Meter breit ist ,und wir fast einen ganzen Tag nur Milchkaffee
trinken. Der Kaffee war so lecker, Kuhmilch und Zucker, ich hatte so viel
Koffein im Blut, das ich die nächste Nacht kein Auge zugemacht habe. Nun
folgen ein paar hundert Kilometer traumhafte Pistenfahrt durch das steinige
Plateau du Fatnoun weiter am Tassili n’ Ajjer entlang nach Djanet. Du fährst
den ganzen Tag und wenn du Glück hast, kommt dir mal ein LKW entgegen. Man
hält an und trinkt Tee und erzählt sich was, Zeit spielt keine Rolle.
Atemberaubende Landschaften ziehen an uns vorbei, bis zehn Kilometer vor
Djanet eine nagelneue Teerstraße beginnt.
Hier trifft man alte Bekannte und
neue Motorradfahrer wieder. Es gibt lecker zu essen und alles was man so
braucht. Ich habe bis jetzt so bestimmt 10 Kg abgenommen und muss nur noch
einmal die Woche ein Geschäft machen, trage einen Vollbart und werde auf
Mitte vierzig geschätzt.
Unser Tagesablauf hat nun feste
Formen angenommen, morgens den guten DDR Juwel Benzinkocher anwerfen, Kaffee
kochen eine Kleinigkeit essen. Danach alles zusammenpacken und los. Mittags
wenn es irgendwo eine Tankstelle mit einer Bar gibt wird was gegessen oder
es gibt abends was man noch so hat. Steht die Sonne eine handbreit über dem
Horizont suchen wir uns einen Lagerplatz und sammeln zuerst Brennholz und
richten in der doch schon recht kurzen Dämmerung unsere Zelte auf machen
Essen und Feuer. Bei Musik bestaunen wir den atemberaubenden Sternenhimmel.
Die Musik spielt immer so lange bis die 6 Volt Batterie von Markus XT platt
ist. Fast zwei Jahre habe ich nach einem Kassettenradio mit sechs oder zwölf
Volt gesucht, bis ich es für 5 Mark auf dem Flohmarkt erstand. Leider hat
sich auf den Wellblechpisten vor Djanet der 220 Volt Trafo gelöst und die
Innerein für uns nicht reparierbar zerstört.
In Djanet wollen wir versuchen nach
Lybien zu reisen, aber andere Motorradfahrer die sogar ein gültiges Visum
hatten, wurden wieder zurückgeschickt.
Mittlerweile hat meine XL weit über
10000 Km hinter sich und sie läuft wie ein Uhrwerk. Markus geht seinem
Ticken nach und fördert zwei fast verschlissene Kipphebel aus seiner XT.
Zweieinhalb Monate sind wir nun schon unterwegs und die Aufenthalterlaubnis
für Algerien läuft langsam aus. Wir beschließen uns zu trennen, Markus wird
in einem abenteuerlichen Flug in eine Propellermaschine in den Norden
aufbrechen und ich suche nach ein paar Leuten die nach Tam wollen. Leider
fahren alle über Illisi Richtung Norden und so schließe ich mich ein paar
Holländern an.
Erstaunlicherweise sieht der Rückweg
nach einer Woche ganz anders aus, so das man nicht das Gefühl hat die
gleiche Strecke schon wieder fahren zu müssen.
Das eine Foto mit der Felswand zeigt
unseren Lagerplatz am Heilig Abend an dem wir uns irgendwie ein drei Gänge
Menü zaubern und mit doch etwas Heimweh an zu Hause denken. Auf dem Rückweg
Richtung Tunis wir es von Tag zu Tag immer kälter, das Wasser ist morgens im
Kanister gefroren, was das Kaffeekochen erschwert. Nachts friere ich mir
einen ab. In Touzeur in Tunesien fängt es an zu schneien, was laut eines
Einheimischen zuletzt vor 15 Jahren der Fall war. Wir gehen zum Friseur und
lassen uns die Haare schneiden und den Bart abrasieren, wo mir bei einer
Spezialbehandlung die Tränen in die Augen steigen.
Nur der Barbier glaub göttliche
Hände zu habe, weil er aus einem alten Mann einen Jüngling gezaubert hat.
Nach einigen Tagen starten wir morgens um sechs mit der Fähre aus Tunis
Richtung Genua.
Am nächsten Nachmittag starte ich zu
meiner letzten großen Etappe. Ich bin gegen 21 Uhr am Gardasee und fahre bei
Minusgraden am Westufer entlang und bin irgendwann nach Mitternacht an der
Mautstelle am Brenner, wo nach verzweifelten Versuchen meinerseits der
Kassierer mir das Portemonnaie aus der Tasche zieht und das Geld entnimmt.
Obwohl ich mir in Tunesien aus einem kleinen Wasserkanister tolle
Lenkerprotektoren gebaut habe und aus Frotteesocken Handschuhe genäht habe
sind mein Hände steifgefroren. Minus 10 Grad sind es in dieser Nacht in der
ich die Alpen überquere und wir haben den 10 01 1993. Ich kämpfe mich von
Rastplatz zu Rastplatz , trinke heiße Schokolade und Kaffee . Aber das
einzig schlimme bei der Sache ist nicht die Kälte und die Müdigkeit.
Keiner spricht dich an und fragt, wo
kommst du her, wo willst du hin ?
Willkommen Daheim
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