Libyen mit dem Motorrad


Am 3. Mai 1996 brechen 3 Motorradfahrer auf um die Sahara zu erkunden.
Die ganze Sahara ? Nein, nur einen kleinen Teil in Südlibyen.
Die 3 Motorradfahrer sind Robert (GS1100 Bj. '95) und Paul (XT 600 Ténéré, Bj. '86) aus Nürnberg, sowie Volker (XL 500 R, Bj. 84) aus Hamburg. Die Stationen der Tour waren: Nürnberg, Genua, Tunis, Gabes, Ras Ajdir, Badir, Darj, Ghadames, Darj, Idri, Sabha, Tmissah, Waw an Namus, Waw el Kebir, Tmissah, Zuwaylah, Brak, Tripolis, Sabratha, Sousse, Tunis, Genua, Nürnberg.
Hier ein Bild von einer Libyen-Karte, auf der die Tour eingezeichnet ist. (140 K)



3. Mai 1996

Treffen an der BP Tankstelle in der Münchner Strasse in Nürnberg-Langwasser. Das Wetter schaut nicht gerade berauschend aus, aber es regnet immerhin nicht. Nochmal die Mopeds kontrollieren. Volkis XL hat auf der Fahrt von Hamburg nach Nürnberg den Ölmeßstab trockengesaugt. Woher dieser unerklärliche Öldurst kam, sollten wir noch später auf unserer Reise erfahren.
Nach 2 Jahren Vorbereitungszeit gehts nun los. Wir kommen jedoch nicht mal bis zum Autobahnkreuz Crailsheim als die XL ihren Auspuff verliert (Willste was erleben, dann nimm jemand mit 'ner XL mit auf die Reise). Alles kein Problem - das Teil wird wieder hingeschraubt und weiter gehts. Es sollte nicht das letzte mal sein.



Am St. Berhardino liegt immer noch Schnee, aber alpenabwärts wirds dann doch endlich wärmer.

5. Mai 1996

Nach einer ruhigen Überfahrt mit der legendären Habib von Genua nach Tunis, betreten und befahren wir seit längerem mal wieder afrikanischen Boden. Bei für uns hochsommerlichen Temperaturen gehts Südwärts.

7. Mai 1996

Am frühen Nachmittag erreichen wir bei Ras Ajdir die Tunesisch-Libysche Grenze. Es gibt einiges an Papierkram zu erledigen: Zwangsumtausch, Libische KFZ-Versicherung und Nummernschilder, Carnet de Passage (keine Bankbürgschaft notwendig) und die üblichen Paßkontrollen. Die Formulare sind durchwegs in Arabisch, aber der Beamte im Versicherungsbüro spricht fließend Deutsch. Überhaupt sind die Grenzbeamten neutral bis freundlich zu uns. Am späten Nachmittag rollen wir dann auf libyschem Boden. Die Sonne neigt sich allmählich und so halten wir ausschau nach einem Lagerplatz für die Nacht. Wir zweigen in einen Feldweg ein und schlagen sichtgeschützt von der Straße hinter einem Hügel unser Zelt auf.



8. Mai 1996

Unser erster Fahrtag in Libyen, alles läuft soweit ganz gut. Die Orientierung ist zunächst etwas ungewohnt, da alle Wegweiser nur in Arabisch sind. Durch einen Vergleich der Städtenamen mit den Schriftzeich in unserem Reiseführer finden wir uns doch ganz gut zurecht. Wir erreichen Badir - eine kleine Ortschaft in Nordlibyen. Wir wollen gerade an einem Kreisverkehr links abbiegen als die XL mit einem dumpfen Knacken ihren Dienst quitiert. Nichts geht mehr, selbst der Kickstarter läßt sich nicht mehr durchtreten. Volker sieht sich schon auf dem Heimweg. Gerade noch bemüht, möglichst zügig vorwärtszukommen, haben wir nun alle Zeit der Welt. Wir machen eine Werkstatt ausfindig und Robert nimmt mit seiner GS die XL an die Leine. Die Werkstatt entpuppt sich als ziemlich dünn ausgestatteter Rohbau mit dafür umso freundlicheren und hilsbereiten Leuten. Volki baut in Rekordzeit seinen Motor aus. Als wir sehen was Sache ist sehen wir alle ziemlich schwarz: Ein Ventilsitz ist gebrochen. (Im Bild oben rechts)



Unsere libyschen Gastgeber sind dafür wesentlich optimistischer: Das wäre ja alles kein Problem, es gäbe da 60 km weiter einen Dreher der würde uns da gleich einen neuen Sitz reinschnitzen. Gesagt, getan - Volker wird mit seinem Zylinderkopf ins Auto gepackt. Als er nach gut zwei Stunden wiederkommt trauen wir unseren Augen kaum: Es ist ein neuer Ventilsitz eingesetzt und die Riefen an der Dichtfläche zwischen Zylinder und Zylinderkopf sind geschweißt! Ruckzuck baut Volker den Motor wieder ein und - die Freude ist groß - er läuft wieder. Der Tag geht zur Neige und unsere Gastgeber laden uns ein die Nacht bei ihnen zu verbringen.

10. Mai 1996

Wir sind schon weiter gen Süden vorgedrungen. Den ganzen Vormittag ist es schon ziemlich drückend heiß. Der Himmel ist diesig und hat eine schmutziggelben Färbung - das läßt nichts gutes erwarten. Wir erreichen gegen Mittag Darj. Von hier sind es noch ca. 120 km bis Ghadames, was unser heutiges Etappenziel ist. Wir kehren in das Cafe in Darj ein und wollen hier die heiße Mittagszeit abwarten. Als es draußen zu blasen beginnt, denken wir uns zunächst noch nicht viel dabei. Als es dann doch immer stärker wird, packen wir unsere Sachen und machen uns auf den Weg die 120 km bis Ghadames herunterzureissen. Ein ziemlicher Satz mit x, wie sich bald herausstellen sollte: Wir kommen ca. 30 km als der Sandsturm so heftig wird, daß an ein Weiterfahren nicht zu denken ist. Wir stellen unsere Maschinen am Straßenrand ab und versuchen den Sandsturm in deren spärlichem Windschatten auszusitzen. Nach zwei Stunden sehen wir ein, daß das wohl keinen Sinn hat - wir kehren um nach Darj und verbringen die Nacht im Cafe.

11. Mai 1996

Der Sandsturm ist im wahrsten Sinne des Wortes wie weggeblasen. Ohne Probleme erreichen wir die Oase Ghadames. Ghadames hat eine sehr gut erhaltene Altstadt, die von der UNESCO als schützenswertes Kulturerbe dieser Welt eingestuft worden ist. Wir beziehen Quartier im Hotel Ain el Fras und sehen uns an den folgenden Tagen die Stadt an.



13. Mai 1996

Von Ghadames aus führt uns unser Weg zunächst wieder zurück nach Darj, wo wir auf der dortigen Tankstelle nochmal Benzin für die 460 km lange Piste über die Hammada el Hamrah nach Idri bunkern.



Nicht weit von der Tankstelle finden wir dann auch den Pisteneinstieg. Auf einer einfach zu befahrenden Trasse erleben wir eine wirklich beeindruckende Hochebenenlandschaft.






14. Mai 1996

Nach etwa 350 km erreichen wir den Abbruch der Hochebene und werden an dem dortigen Polizeiposten registriert. Die restlichen ca. 100 km planen wir am nächsten Tag in Angriff zu nehmen.



Aufgrund der widrigen Streckenverhältnisse kommen wir jedoch nur schleppend voran. Immer wieder kreuzen weichsandige Wadis mit großen Steinen und Spurrinnen unseren Weg, so daß wir unser Tagesziel Idri nicht erreichen und eine weitere Nacht auf der Piste verbringen, was jedoch mit unseren üppig bemessenen Wasser und Essensvorräten kein Problem ist.

16. Mai 1996

Wir erreichen bei Tmissah den Einstieg zu der Piste zum Waw an Namus. Dieser als Naturweltwunder bezeichnete Krater soll ein weiterer Höhepunkt unserer Reise sein. Nur wenige km nach Tmissah stoßen wir auf ein Weichsandfeld.



Bei einigen Palmen finden wir einen idyllischen Zeltplatz.



15. Mai 1996

Am nächsten Tag wartet kurz nach unserem Übernachtungsplatz ein etwa 20 km langes Weichsandfeld auf uns.



Nachdem wir uns ein paar mal bis Kofferunterkante eingraben, kriegen wir den Dreh dann doch noch raus und düsen über die Sandebene bis wir wieder festen Boden unter den Pneus haben. Wir haben zwar einiges über den Waw an Namus gelesen, als wir aber nach einer steilen Auffahrt durch aschebedeckten Sand den Kraterrand erreichen, macht uns der Anblick der in verschiedenen Farben schillernden Kraterseen sprachlos.



Im Krater zeugen zwar leicht verwehte aber immer noch deutlich erkennbare Spuren von unverbesserlichen Heizern, die nicht in der Lage sind ihren Spieltrieb in dieser einzigartigen Landschaft etwas zu beherrschen und eben nicht mit ihrem Fahrzeug im Krater herumzufahren. Der Sandkasten um den Waw an Namus ist doch wirklich groß genug.

17. Mai 1996

Nach einer Nacht im Windschatten des ausgebrannten Wohncontainers der am nordöstlichen Kraterrand steht, brechen wir vom südlichsten Punkt unserer Reise wieder gen Norden auf. Die aufgehende Sonne beleuchtet den Vulkankegel im Inneren des Kraters.



Ich komme gerade mal 500 m. Als ich nach einem an sich harmlosen Umkipper meinen Motor wieder anlassen will, kommt ein knackendes Geräusch aus der Motorgegend was nichts Gutes erahnen läßt. Der Anlasser läuft noch, hört sich aber anders an, es fehlt dieses Puffen des Ausstoßtakts. Wir merken bald, daß der Zündfunke fehlt. Das Austauschen der CDI-Box und der Zündkerze bringen jedoch keine Abhilfe. Gegen 9 Uhr (der Defekt passierte so gegen 7 Uhr) beschließen wir wegen der nun schon wieder unangenehm hohen Temperaturen die Ténéré zurückzulassen und mit zwei Motorrädern nach Waw el Kebir (eine Militärstation mit Guesthouse, ca. auf halber Strecke zwischen Tmissah und Waw an Namus) zurückzufahren, um dort eine Transportmöglichkeit zu organisieren.

18. Mai 1996

Einer der Ingenieure des dort ansässigen Bewässerungsprojektes meint, er hätte da einen Bekannten, der einen Laster hat und uns behilflich sein könnte. Am nächsten Morgen brechen wir in aller Frühe auf, um die Ténéré zu holen. Zu dritt quetschen wir uns auf den eigentlich für zwei Leute gedachten Beifahrersitz.

Am Waw an Namus angekommen finden wir alles so vor, wie wir es zurückgelassen haben. Es ist nur etwas mühsam, die XT auf die hohe Laderampe zu wuchten.


Als wir nach einem nicht enden wollendem Gerüttel das Guesthouse erreichen, wollen wir der Sache auf den Grund gehen. Nach einigem hin und her finden wir dann auch heraus, daß die Paßfeder gebrochen ist, also das Teil, welches den Lichtmaschinenrotor auf der Kurbelwelle in der richtigen Stellung hält. Es hat ungefähr die Größe eines halben Zehnpfennigstücks, aber dicker. Eigentlich überflüssig zu sagen, daß ich dieses Teil natürlich nicht als Ersatzteil dabei hatte. An Ort und Stelle sah es mit Reparaturmöglichkeiten auch eher mager aus. Wir beschließen also, den Laster einen weiteren Tag zu chartern um die Ténéré nach Zuwaylah zu transportieren. Wir hoffen in dieser Ortschaft, die schon wieder an der Teerstraße liegt, eine Möglichkeit zu finden, den Motor wieder in Gang zu bringen.

23. Mai 1996

In Zuwaylah kommen wir in einem Guesthouse des dortigen Tourismus-Managers unter. Ziemlich zentral in der Ortschaft gibt es auch eine Werkstatt.



Einer der Leute dort meint, nachdem wir ihm das defekte Teil gezeigt haben, er hätte da einen Peugeot-Motor, da wäre ein ähnliches Teil drinnen. Gesagt, getan: Das Teil wird aus dem Motor ausgebaut und Volki als alter Maschinenbauer feilt es auf Ténéré-Maße zurecht. Gespannt baue ich den Motor zusammen und tatsächlich: Er läuft wieder. Nichts ist so beständig, wie ein Provisorium: Das Teil sollte tatsächlich bis nach Nürnberg halten.

25. Mai 1996

Mit einem Ohr am Motor geht die Reise nordwärts Richtung Tripolis. Nach den Wochen in der Wüste müssen wir uns erst mal an den Verkehr und die Betriebsamkeit gewöhnen. Das Bild zeigt den zentral gelegenen grünen Platz.



26. Mai 1996

Unsere letzte Station in Libyen ist Sabratha. Diese am Mittelmeer gelegene Römerstätte glänzt durch ein gut erhaltenes Theater.



1. Juni 1996

Nach einer ruhigen Überfahrt und einer schneefreien Alpenüberquerung empfängt uns an der deutschen Grenze erst mal Regen. Gegen 2 Uhr Nachts erreichen wir Nürnberg. Für Robert und mich ist die Reise hier zu Ende. Volker fährt am nächsten, nicht weniger regnerischen, Tag nach Hamburg.

Fazit:
Ein Land mit einer sehenswerten Landschaft und einer Bevölkerung, die uns immer freundlich und hilfsbereit begegnet ist. Wer sich auf mehr oder weniger abgelegene Pistenabschnitte wagt, sollte dies NIE ohne entsprechende Reserven an Wasser und Sprit tun. Das Fahren in einer Gruppe ist ein weiterer Sicherheitsaspekt: Ein Sturz oder ein Maschinenausfall ist immer mal drin (siehe oben).
Ein SEHR empfehlenswertes Buch zur Vorbereitung einer solchen Reise ist im Verlag Reise Know How erschienen: Thomas Trossmann - Motorradreisen zwischen Urlaub und Expedition.


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Andere Libyen-Reiseberichte im Web:

Werner's Libyenreise

Achim's Libyenreise